Sinnerfüllendes Leben und Arbeiten
„Monsieur Rossi sucht sein Glück“. Nicht nur er, sondern alle Menschen streben nach dem Glück. In seiner Sinnlehre beschreibt Viktor E.Frankl, Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, dass jeder Mensch sinnsuchend bleibt. Sinnerfüllende Augenblicke sind wie Glücksmomente.
In der Logotherapie und Existenzanalyse werden folgende Werte unterschieden:
- Schöpferische Werte wie z.B. Arbeit oder kreative Kunst: dies kann aus einer Anstellung heraus sein oder freiberuflich. Jegliche Arbeit, in der etwas „geschöpft“ wird, gilt als schöpferische Tätigkeit (Kunst, Kultur, Materiell, personell etc.)
- Erlebniswerte: dazu gehören das Erleben in der Natur, Kontakt mit Tieren, das Hören von Musik, barfuß gehen im Sand oder nassen Gras. Alles, bei dem wir Menschen in unseren Sinnen angesprochen werden und tief berührt sind und bleiben; das zählt Frankl zu den Erlebniswerten.
- Einstellungswerte: sie kommen dann zum Tragen, wenn wir vor herausfordernde Situationen im Leben gestellt sind, Schicksalsschläge erleben oder nichts mehr Tun können. Hier bleibt uns, so Frankl, unsere Einstellung zu dem Geschehen. Einstellungen wie Dankbarkeit, Demut können uns unterstützen, Schweres zu ertragen.
Nun sind wir Menschen in unserem Denken und Handeln häufig reflexartig und schnell unterwegs und agieren gerade im Erwachsenenalter aus Denk- und Verhaltensmuster heraus, die bereits in der Kindheit angelegt sind. Das kann bedeuten, dass wir unreflektiert und fast wie in einem Automatismus agieren. Auch sind wir sowohl kulturell wie auch von unserem nahen Umfeld geprägt.
In der westlichen Arbeitswelt folgen wir dem Wert der Arbeit und der Leistung sehr deutlich. Wenn Menschen sich in die Arbeit vertiefen, kann es sein, dass sie darüber andere Werte in ihrem Leben vergessen. Frankl spricht hier von pyramidalem Lebensmodell. So kann es geschehen, dass ab einem gewissen Alter Menschen spüren, da ist nicht mehr viel außer Arbeit. In der Logotherapie wird dies auch als Sinnleere beschrieben. Das Glücksstreben ist nun kein Wert, sondern das Ziel. Sobald wir das Glück anstreben, werden wir merken, dass es „wegläuft“. Glückserfüllung oder auch Sinnerfüllung kostet immer Etwas. Und zwar die Werte zu beleben und für die Werte einzustehen. In einem konkreten Beispiel soll dies deutlich werden.
Wenn wir zu einem Konzert mitgehen (Erlebniswert), weil Kollegen uns gefragt haben und in der Hoffnung, dass es ein einmaliger Abend wird, kommt es vor, dass wir enttäuscht sind und nach Hause gehen und uns fragen: wäre es nicht geschickter gewesen, das Geld zu sparen und lieber zuhause zu bleiben?
Auch kann es sein, dass wir zu demselben Konzert mitgehen, uns die Klavier- oder Orchestermusik tief im Inneren berührt und wir einen unvergleichlichen Augenblick erleben, weil wir uns im Nachgang mit den Kolleg:innen innig darüber austauschen können. Wir wissen nicht im Vorhinein, wie ein Abend ausgehen wird.
Werte kosten Etwas: es ist nicht nur die Investition von Geld gemeint, sondern v.a. auch unsere Neugierde, etwas auszuprobieren, den Einsatz von Zeit, unser eigenes Zutun oder eben auch die Toleranz gegenüber Anderen.
Es geht in der Logotherapie nicht ums Konsumieren, sondern v.a. auch darum, was bringen wir mit unserer Persönlichkeit in die Welt. Alleine sind wir nichts – erst in Gemeinschaft kommen die Werte wirklich zum Tragen.
Wir empfehlen, sich gerade bei Arbeitsüberlast, die eigenen Werte wieder in Erinnerung zu rufen. Welche Werte sind und waren mir im Leben wichtig? Wo finde ich Halt? Was gibt mir Kraft? Wie lebe ich diese Werte im Augenblick und wie könnte ich sie wieder neu beleben? Die schöpferischen Werte i.S. von Arbeit geben wohl den meisten Halt gerade in Krisenzeiten, da sind sich alle Therapierichtungen einig. Die Erlebniswerte brauchen wir zum Ausgleich, um nicht pyramidal ausgelaugt zu sein, sondern auf einer breiten Wertebasis zu stehen. Dies führt in schwierigen und Krisenzeiten dazu, dass wir widerstandfähiger i.S. der Resilienz werden.
Liebe Leser:innen!
Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, Ihr Leben vor Ihrem inneren Auge zu sehen. Spüren Sie hin, wie es Ihnen jetzt gerade geht. Was haben Sie schon lange nicht mehr getan oder erlebt, was Sie tief berührt und Ihnen Kraft in diesen instabilen Zeiten gibt? Wem in Ihrem Umfeld könnten Sie auch etwas Gutes tun?
Wir wünschen Ihnen ein wertebasiertes Leben, in dem die Arbeit als schöpferischer Wert Kraft gibt und nicht auslaugt. Ein Leben, was getragen ist von Erlebnissen, die Sie erfüllen. Und am Besten: gemeinsam mit Anderen.
Gerne unterstützen wir Sie auch bei der Wiederentdeckung Ihrer Werte in einem Coaching oder in unserer gelben Stunde. So wollen wir abschließen mit einem Frankl Zitat:
„Sinn kann nicht gegeben,
sondern muss gefunden werden.“
Viktor E. Frankl